Im Jülicher Kreisblatt berichte ich von der am 11. Juni d.J. stattfindenden 400jährigen Stiftungsfeier der Bruderschaft. Wenn ich anläßlich dieses Jubiläums heute in
kurzen Zügen einen Auszug aus der Geschichte bringe, so ist der Beweggrund hierzu nicht allein ein lokalhistorisches Interesse, vielmehr meine seit meiner Jugendzeit bestehenden innigen Beziehung
zu der Bruderschaft.
Immer, wenn ich die alten und jungen Männer derselben in ihren kleidsamen Uniformen sehe, steigen mir köstliche Erinnerungen aus meiner Jugendzeit auf. An den "alten Tillmann" der 60 Jahre lang
dem König voranschritt, an den "Landrat" und an "Heß", die, Originale in ihrer Art, biedere Männer waren. Sie waren die Vertrauten unserer Jugendzeit, wenn wir als Kinder jubelnd hinter dem
Schützenzug einhersprangen. Wir lernten sie schätzen, als wir Jünglinge und Männer wurden, und wir trauerten mit der Bruderschaft, als sie ins Grab sanken, denn mit ihnen starb ein Stück wahrer
Volkspoesie. Und so sind die Saiten, die heute im Herzen anklingen nicht frei von einer gewissen Wehmut und Tragik. Wenn am Jubeltage im Kreise der Schützen die Wogen der Begeisterung hochgehen,
dann sei auch ihrer gedacht, jener Männer mit ihrem praktischen Blick für Leben und ihrem treffenden Urteil, nicht versteinert und angekränkelt von einer fortgeschrittenen Kultur, mit einem
treuen, goldenen Herzen. In ihnen fand der Begriff "Heimat" einer der Sterne, der den Schützen auf ihrem Weg leuchtet, seine lebensvolle Verkörperung.
Nach alter Überlieferung sieht die St. Seb. Schützenbruderschaft Aldenhoven das Jahr 1533 als ihr Gründungsjahr an. Auch bei ihr, wie bei vielen anderen Bruderschaften, fehlen Urkunden über ihre
Entstehung.
Nun befindet sich aber an der Königskette ein silberner Vogel. Dieser trägt auf dem Kopf eine Krone, auf der Brust das Aldenhovener Wappenschild mit dem " jülich schen springenden Loewen im
Felde". Um den Hals befindet sich die Inschrift " Alten 1533 hoefen ". Mündlicher Überlieferung nach soll dieser silberne Brudervogel im Jahre 1533 der Bruderschaft vom Herzog Johann dem
Friedfertigen von Jülich geschenkt worden sein.
Wie sich vor einigen Jahrzehnten herausgestellt hat, hat die Schützen-bruderschaft zu Aldenhoven schon bedeutend früher als 1533 bestanden. Im Stadtarchiv zu Linnich hat man einen im Jahre 1770
angefertigten, notariell beglaubigten Auszug alter Stadtrechnungen aufgefunden. Hiernach hat im Jahre 1457 ein größeres Schützenfest zu Linnich stattgefunden, an dem die Schützenbruderschaften
aus Aldenhoven, Jülich und Erkelenz teilnahmen; Die Bewirtung sämtlicher Schützen erfolgte auf Kosten der Stadt Linnich. Auf Grund dieses urkundlichen Beweises hätte die Bruderschaft in Jahre
1932 mit vollem Recht ihr 475jähriges bestehen feiern können.
Berücksichtigt man die Entstehungsgeschichte und den Zweck der Schützenbruderschaften, so dürfte die Annahme gerechtfertigt erscheinen, die Anfänge der Aldenhovener Schützenbruderschaft auf die
Zeit der ersten Befestigungsanlage von Aldenhoven zurückzuverlegen sind, also etwa auf das Jahr 1380. Anmerkung: Zwischenzeitlich fand man eine Startgeldquittung aus dem Jahre 1450, über ein
Bruderschaftsvergleichsschießen zu Linnich woraus die Anwesenheit der St. Seb. Bruderschaft aus Aldenhoven resultiert.
Das älteste Protokollbuch der Bruderschaft stammt aus dem Jahre 1622. Es scheint als habe in diesem Jahr eine Neubelebung der Schützenvereinigung stattgefunden. Das Buch enthält am Anfang in 24
Artikeln die Satzung der Bruderschaft, ferner sind die Namen der 71 Personen, die damals Mitglieder wurden nach folgender Überschrift aufgezählt. "Folgen die nahmen deroselben so sich anno
1622 auf Pfingstmontag zu Aldenhoven in St Sebastianus Brüderschaft eingelassen".
Im Protokollbuch wird die Auffindung des Gnadenbildes gewürdigt und die drei Aldenhovener Finder Johann Gatzweiller, Dietrich Mühlfahrt und Marten Lenartz, als ehrsame und angesehene Bürger
bezeichnet. Johann Gatzweiller wurde 1629 Mitglied der Bruderschaft, 1632 König und 1633 Brudermeister. Die beiden Anderen wurden auch Mitglieder der Bruderschaft und später in den
"Siebener"-Ausschuß berufen.
Das Königschild von Jahann Gatzweiller aus dem Jahre 1632 befindet sich jetz an dem silbernen Schilde, daß im Jahre 1904 der Bruderschaft von Pfarrer Esser und den Königen Lambert Minkenberg
(1903) und Peter Hommelsheim (1904) geschenkt wurde und jetzt unter der Königskette getragen wird. In dem erwähnten Protokollbuch befinden sich alle die Bruderschaft be-treffenden Ereignisse bis
1813 verzeichnet. Mitglieder waren Geistliche, Adelige, Beamte, ortsansässige Einwohner und sogar Einwohner aus benachbarten Orten. Lückenlos sind Mitglieder die Pastoren aus Aldenhoven und
Schleiden. Ferner sind Bürgermeister, Schöffen, Gerichtsschreiber, Schultheiße als Mitglieder aufgeführt.
Im Jahre 1637 ist die Königskette der Bruderschaft durch Oberstleutnant Peter van Werth, dem Bruder des Reitergenerals Jan van Werth, verehrt worden. Ihr früherer Bestand ist aber durch die
Plakette von 1632 dokumentiert. Peter van Werth besaß in Aldenhoven ein Anwesen, das Haus "zum Stern", in unmittelbarer Nähe zum Rathaus.
Von der Schlacht bei Aldenhoven, vom 2. Oktober 1794 ab bis zu den Befreiungskriegen (1814) blieben die Franzosen im Jülicher Lande. Im Protokollbuch der Schützengesellschaft wird die Wirkung der
französischen Fremdherrschaft wie folgt ausgedrückt, "anno 1795, 96, 97, 98, 99,1800 - 1801 ist wegen immerwährender Kriegsunruhen das Vogelschießen nicht gehalten worden".
Von 1813 - 1824 sind keine Aufzeichnungen vorhanden, das alte Bruderbuch war vollgeschrieben. Das im Jahre 1824 angelegte zweite Bruderbuch enthält an der Spitze die von den Behörden genehmigten
Statuten von 1824. Im übrigen finden sich in dem Buche nur einzelne Vermerke bis zum Jahre 1835.
Das dritte Protokollbuch ist 1849 begonnen. Am 16. Juni 1851 bringt die Schützengsellschaft dem von Geilenkirchen kommenden Kardinal Erzbischof von Geißel eine Huldigung vor der Wohnung des Herrn
Pfarrers Broir dar. Der Schützenhauptmann Lussem begrüßt und bewillkommt Se. Eminenz in herzlichen Worten. Der Herr Kardinal ist erfreut und überrascht, umsomehr, als er nur gekommen sei, seinen
Freund, den Herrn Pfarrer Broir zu besuchen und wünschte der Gesellschaft ein segensreiches gedeihen. Im Bericht über die Generalversammlung von 20. Januar 1853 heißt es u.a.: "Der Hauptmann
brachte ferne ein Schreiben eines Schützen aus Loitz in Neu=Vorpommern zur Kenntnis der Gesellschaft, welcher sich in sehr naiver Weise seine zerrütteten Vermögensverhältnisse durch eine von
allen Schützengesellschaften der Monarchie aufzunehmende Anleihe von fünf Talern aufzuhelfen beabsichtigt.- Die Mitteilung, so heißt es im Protokollbuch weiter, erregte allgemeine Heiterkeit und
fand durch die Beweisung des Schreibens des Bittstellers ad acta ihre Erledigung.
Im Jahre 1854 ist die hervorragende Beteiligung der Gesellschaft an den Feierlichkeiten aus Anlaß des 200jährigen Jubiläum der Auffindung des Gnadenbildes verzeichnet. Am 31. Mai 1858 nehmen die
Karlsschützen von Aachen an den Schützenfeierlichkeiten teil.
Die Vorstandsversammlung vom 18. Mai 1866 beschäftigt sich " mit den düsteren Aussichten eines Bruderkrieges zwischen Preußen und Österreich. Wörtlich heißt es im Protokollbuche." Der dadurch
hervorgerufene schwere Druck der ganzen Bevölkerung ließ bei jedem Vorstandsmitgliede den Wunsch auftauchen, in so schwerer Zeit auf alle Lustbarkeiten zu verzichten. Mit der größten
Einstimmigkeit wurde beschlossen, im laufenden Jahr kein Schützenfest zu feiern und die jährlichen Beiträge der Schützen nicht einzuziehen. Der Schützenkönig Karl Kappes erbot sich, zwei Jahre
lang König bleiben zu wollen.
In der Vorstandssitzung vom 10.6.1867 erklärte Tillmann Berg noch dem Vorstande, das ihm vom Schützenmitgliede Anton Trost in Amerika ein Taler als Jahresbeitrag übersand worden sei. Der
vorgenannte Tillmann Berg war Mitglied der Gesellschaft von 1849 bis 1918, als 69 Jahre lang. Über die Vorstandssitzung vom 3. Dezember 1870 heißt es im Protokollbuch, "das unsere Schützen
vielfach dem Rufe des unseres Königs zu den Fahnen gefolgt und sechs der selben Weib und Kind zu Hause zurückgelassen haben".
Der Vorstand beschließt soziale Maßnahmen für die letzteren, u.a. das sonst übliche Abendessen am Sebastianustage wegfallen zu lassen und die Gelder zur Unterstützung der im Felde befindlichen
Schützenbrüder bezw. ihrer Angehörigen zu verwenden. Im Jahre 1904 beteiligt sich die Schützengesellschaft in hervorragender Weise beim Empfang Sr. Eminenz Kardinal Erzbischof Fischer anläßlich
des 250jährigen Jubiläums der Auffindung des Gnadenbildes.
Am 3. Oktober 1904 nimmt eine Deputation mit Fahne an dem Begräbnis des zu Aachen verstorbenen, mehr als 50 Jahre der Schützengesellschaft angehörenden Ehrenvorstandsmitglied Herrn Dr. med.
Michael Ren, früher Arzt zu Aldenhoven, teil. Das im Jahre 1908 stattgefundene 375jährige Stiftungsfest fand einen mächtigen Widerhall und große Anteilnahme der Einwohnerschaft Aldenhovens. Die
Idee zu dem veranstalteten historischen Festzuge war folgende: "Johann der Friedfertige, Herzog von Jülch-Kleve-Berg (1511-1539), besucht im Jahre 1533 den Gaugrafen von Aldenhoven, bei dieser
Gelegenheit auch die St. Sebastianus-Schützengesellschaft und verleiht ihr den silbernen Brudervogel.
(Anmerkung: Dieser Brudervogel ist noch immer im Besitz der Bruderschaft und wird mit dem Königssilber alljährlich zur Königskrönung im Gottesdienst am Schützenfest verwendet)
Welches Ausmaß das Jubiläum hatte, ergibt sich aus dem Umstande, daß seitens der Eisenbahn 4 Sonderzüge eingelegt waren. Von 32 auswärtigen Gesellschaften wies die Schützengesellschaft Inden die
stärkste Beteiligung auf. Es folgten nun ruhige Jahre für die Schützengesellschaft bis zum Ausbruch des Weltkrieges 1914, der viele Mitglieder zu den Fahnen rief und auch in ihren Reihen seine
Opfer forderte.
Zu einem Monumente in der Geschichte der St. Sebastianus Schützengesellschaft Aldenhovens gestaltete sich die Schützenwallfahrt nach Aldenhoven seitens mehrerer Bezirke der Erzbruderschaft vom
hl. Sebastianus am 28.8.1932. Wer diese packende Kundgebung miterleben durfte, dem wird sie unvergeßlich bleiben. Es sei hier noch der Königskette der Gesellschaft gedacht, die außer dem
silbernen Brudervogel von 1533 aus 67 Königsschildern besteht. Für jeden König besteht die Verpflichtung ein Schild zur Kette zu stiften. Von Zeit zu Zeit findet jedoch, wenn die Kette zum Tragen
zu schwer geworden ist, ein Verkauf eines teils der Schilder statt.
Das älteste z.Zt. noch vorhandene Königsschild ist das des Johannes Gatzweiler von 1632, des mitfinders des Gnadenbildes. Weiter sind noch die Königsschilder von 1757, 1758, 1766, 1774, 1777 1781
und 1783 erhalten, die übrigen Stammen aus dem 19. Jahrhundert und der letzten Zeit.
Aus neuerer Zeit der Schützengesellschaft sei noch festgestellt, daß im Jahre 1926 die Herren Matthias Zimmermann u. Heinrich Schnabel, im Jahre 1931 die Herren Hubert Neulen - der heutige
wetterfeste und kernige Vorsitzende der Gesellschaft - und Wilhelm Palmen das Fest der 50jährigen Mitgliedschaft feiern konnten.
So hat die St. Sebastianus Schützengesellschaft Aldenhoven Jahrhunderte lang ihr Banner in Ehren geführt. Möge sie, die am 11. Juni 1933 ihr 400jähriges Stiftungsfest zu einer glanzvollen
Kundgebung der Aufgaben gestalten wird, die unter dem Motto " Für Glaube, Sitte und Heimat" Jahrhunderte lang erfüllt hat, fürderhin leben, wachsen und blühen, getreu der ihr überkommenen
Tradition ihrer Vorfahren, wachsen und blühen, damit einst kommende Jahrhunderte, spätere Generationen sie wieder zu den ihrigen Zählt.
Anmerkung: Zwischenzeitlich fand man eine Startgeldquittung aus dem Jahre 1450, über ein Bruderschaftsvergleichsschießen zu Linnich woraus die Anwesenheit der St. Sebastianus Bruderschaft aus
Aldenhoven resultiert. Somit kann die St. Sebastianus Schützenbruderschaft Aldenhoven im Jahre d.H. 2000, ihr 550jähriges Jubelfest feiern.
gefunden in der "Rur-Blumen" Heimatwochenschrift Nr. 85 /2 zum Jülicher Kreisblatt in der Ausgabe vom 27. Mai 1933, geschrieben von Josef Engländer, überarbeitet von Ralf Herhut April 1997.